Eigentlich hatten wir nach unseren Beteiligungsveranstaltungen in den letzten Monaten nicht geplant, das Thema Straßenausbaubeitragssatzung vor der Kommunalwahl 2026 noch einmal in den politischen Gremien aufzumachen, da sich in der Vergangenheit die Parteien in Adendorf gegen eine Abschaffung positioniert haben und eine politische Mehrheit für eine Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Adendorf derzeit aussichtslos erscheint. Im Grunde müssen also die Straßenausbaubeiträge in Adendorf und Erbstorf in der Kommunalwahl 2026 abgewählt werden.
Bei der Kommunalwahl 2026 entscheidet Ihr darüber, wie der Gemeinderat in Zukunft besetzt ist – und damit auch darüber, ob es eine Mehrheit für die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) gibt.
In der Zwischenzeit hat sich die Lage aber geändert: Im Haushalt werden beitragspflichtige Maßnahmen geplant und vorbereitet, die zwar nach Willen der Verwaltung offenbar nicht abgerechnet werden sollen – für die die bestehende Straßenausbaubeitragssatzung die Gemeinde aber eigentlich zur Beitragserhebung verpflichtet. Genau aus diesem Spannungsfeld heraus sehen wir uns jetzt in der Verantwortung, das Thema früher als geplant auf die Tagesordnung zu setzen.
Wer unsere bisherige Diskussion nachlesen möchte: Bei unseren Beteiligungsveranstaltungen im Mai 2024 und im Juni 2025 haben wir das Thema bereits ausführlich mit Euch besprochen; eine Zusammenfassung findet Ihr im Beitrag „Straßenausbaubeiträge“.
Am 25. November steht das Thema nun ganz konkret im Ausschuss für Straßen, Verkehr und Grünflächen auf der Tagesordnung: mit zwei Anträgen der Unabhängigen-ABAE. Wir möchten erklären, worum es dabei geht, warum das für alle Eigentümer und Eigentümerinnen in Adendorf und Erbstorf wichtig ist – und was wir mit unseren Vorschlägen erreichen wollen.
Warum uns die Straßenausbaubeiträge alle etwas angehen
Straßenausbaubeiträge betreffen alle, die in Adendorf oder Erbstorf eine Immobilie besitzen – unabhängig vom Alter oder der Lebenssituation:
- junge Familien, die ihren Hauskredit abzahlen und gerade eine hohe Investition getätigt haben
- Menschen im Berufsleben, die zwischen steigenden Lebenshaltungskosten, Modernisierungsdruck und Instandhaltung jonglieren
- Rentnerinnen und Rentner, für die das eigene Haus ein wichtiger Teil der Altersvorsorge ist, aber auch hier die Unterhaltung und ggfs. energetische Sanierung schon eine starke Belastung ist
Für viele Haushalte können Straßenausbaubeiträge eine vier- oder sogar fünfstellige Zusatzbelastung bedeuten. In einer Zeit, in der gleichzeitig Energie, Lebensmittel, Versicherungen, Grundsteuer und Sanierungspflichten teurer werden, ist das für viele kaum noch leistbar.
Dass diese Größenordnungen realistisch sind, zeigen Erhebungen und Beispiele aus anderen Kommunen:
- Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen berichtet, dass Beitragsbescheide zu Straßenausbaubeiträgen häufig fünfstellige Beträge erreichen und in Einzelfällen sogar deutlich darüber liegen. Insbesondere Rentnerhaushalte und junge (Neu-)Eigentümer sind betroffen, die nicht auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen können. (Bund der Steuerzahler e.V.)
- In Braunschweig-Waggum sollten Anlieger der Straßen Feuerbrunnen und Kirchblick für eine Kanal- und Straßensanierung Straßenausbaubeiträge von teils bis zu 85.000 Euro pro Grundstück zahlen. Eine Bürgerinitiative hat schließlich zur politischen Entscheidung beigetragen, die Strabs in Braunschweig abzuschaffen. (regionalHeute.de)
- In Stade sollten die Anwohner der Schölischer Straße insgesamt rund 1 Mio. Euro für die Sanierung mittragen; pro Grundstück wurden Beträge zwischen etwa 5.000 Euro und über 100.000 Euro erhoben, in Einzelfällen sogar für hochbetagte Menschen. (Focus)
- In der Gemeinde Ganderkesee sollen Anwohner des Ohlenbuschwegs für eine als „Ersterschließung“ bewertete Maßnahme „mehrere zehntausend Euro pro Grundstück“ zahlen – obwohl die Straße seit Jahrzehnten existiert. (Chip)
Diese Beispiele zeigen: Straßenausbaubeiträge sind kein abstraktes Rechtskonstrukt, sondern können Menschen in ganz normalen Wohnstraßen finanziell massiv unter Druck setzen – bis hin zur Existenzgefährdung.
Die mit den Bescheiden mitgeteilten, festgesetzten Beträge sind übrigens innerhalb von 4 Wochen (!) fällig.
Die aktuelle Situation in Adendorf: Die Satzung bleibt ein Damoklesschwert
In Adendorf gibt es eine gültige Straßenausbaubeitragssatzung. Sie verpflichtet die Gemeinde Adendorf, für bestimmte Maßnahmen Beiträge von den Anliegerinnen und Anlieger zu erheben – ausdrücklich auch für die Straßenbeleuchtung und die Oberflächenentwässerung, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
§ 2 Umfang des beitragsfähigen Aufwandes
Zum beitragsfähigen Aufwand gehören die Kosten
[…]
4. für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von
a) Randsteinen und Schrammborden,
b) Rad- und Gehwegen,
c) Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen,
d) niveaugleichen Mischflächen,
e) Beleuchtungseinrichtungen,
f) Rinnen- und andere Einrichtungen für die Oberflächenentwässerung der
öffentlichen Einrichtungen,
g) Böschungen, Schutz- und Stützmauern,
h) Parkflächen (auch Standspuren, Busbuchten und Bushaltestellen) und
Grünanlagen soweit sie Bestandteil der öffentlichen Einrichtungen sind;
Gleichzeitig verfolgt die Verwaltung derzeit den Ansatz, bei anstehenden Maßnahmen möglichstnicht abzurechnen. Für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 sind unter anderem folgende Projekte geplant:
- die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED mit „Smart Ready“ und zusätzlichen Masten
- der Bau eines neuen Regenwasserkanals
- in den Folgejahren Teile der Premium-Radroute
Nach der derzeitigen Satzung wären diese Maßnahmen grundsätzlich beitragspflichtig.
Das Problem: Eine rechtssichere Begründung, warum bei beitragspflichtigen Maßnahmen trotz gültiger Satzung keine Beiträge erhoben werden sollen, konnte bislang nicht gezeigt werden. Solange die Satzung gilt, müssen vergleichbare Maßnahmen auch vergleichbar behandelt werden. Das bedeutet: Es ist weder fair noch rechtssicher, wenn in manchen Fällen abgerechnet wird – und in anderen Fällen nicht.
Für die Menschen in Adendorf und Erbstorf bleibt die Strabs damit ein dauerhaftes Damoklesschwert: Niemand weiß, ob und wann auf einmal hohe Bescheide ins Haus flattern.
Unsere Ziele: Klarheit, Planbarkeit und eine faire Finanzierung
Wir finden: Der Rat muss sich ehrlich entscheiden, welchen Weg die Gemeinde gehen will:
- Entweder alle beitragspflichtigen Maßnahmen werden konsequent nach Satzung abgerechnet.
- Oder wir gehen den Weg vieler anderer Kommunen und schaffen die Strabs ab – und finanzieren die Straßensanierung sozial verträglicher über den Gemeindehaushalt.
Um die Menschen nicht weiter in Unsicherheit zu lassen, haben wir zwei Anträge eingebracht, die zusammengehören.
Antrag 1: Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs)
Mit unserem ersten Antrag schlagen wir vor, die bestehende Straßenausbaubeitragssatzung aufzuheben und nur noch über den Gemeindehaushalt zu finanzieren, d.h. in erster Linie auf eine steuerfinanzierte Straßensanierung umzustellen.
Das bedeutet:
- Künftige Straßensanierungen werden nicht mehr über Einzelbescheide bei den Anliegerinnen und Anlieger finanziert.
- Die Finanzierung erfolgt aus dem Gemeindehaushalt – zum Beispiel über die Grundsteuer, an der sich alle entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen.
- Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge bedeutet nicht automatisch eine Erhöhung der Grundsteuer. Ob und in welchem Umfang die Grundsteuer angepasst wird, entscheidet der Rat transparent im Rahmen der Haushaltsberatungen.
- Eigentümerinnen und Eigentümer bekommen Planungssicherheit: Es drohen keine plötzlichen, hohen Einmalzahlungen mehr.
Antrag 2: Vorübergehende Aussetzung der Beitragserhebung
Weil Entscheidungen zur Abschaffung einer Satzung in der Regel Zeit brauchen, haben wir zusätzlich einen zweiten Antrag gestellt:
Bis zur abschließenden Beratung über die zukünftige Ausgestaltung oder Aufhebung der Strabs sollen keine neuen Straßenausbaubeiträge erhoben werden.
Konkret schlagen wir vor:
- Die beitragspflichtigen Maßnahmen, die bereits im Haushalt 2025/2026 vorgesehen sind (LED-Umrüstung der Straßenbeleuchtung, Regenwasserkanal, Premium-Radroute), werden vollständig aus allgemeinen Haushaltsmitteln und verfügbaren Fördermitteln finanziert.
- Durch eine ergänzende Änderungssatzung wird geregelt, dass für neue beitragspflichtige Maßnahmen vorübergehend keine Beiträge erhoben werden.
- Der Aufwand für diese Maßnahmen wird in voller Höhe von der Gemeinde getragen; Zuschüsse Dritter werden angerechnet.
Damit schaffen wir:
- Rechtssicherheit für die Verwaltung
- Planungssicherheit für die Anliegerinnen und Anlieger
- Vermeidung von Ungleichbehandlungen und möglichen Rechtsstreitigkeiten
Und was ist mit den Beitragshöhen in Adendorf?
Für Adendorf gibt es derzeit keine offiziellen, konkret berechneten Beitragssummen für die geplanten Maßnahmen – und unser Ziel ist es gerade, zu verhindern, dass solche Bescheide überhaupt verschickt werden müssen.
Aus anderen Kommunen in Niedersachsen und bundesweit wissen wir aber: Je nach Straße, Grundstücksgröße und Maßnahme können Strabs schnell Beträge erreichen, die für viele Menschen nicht mehr tragbar sind (siehe Beispiele oben).
Wer sich einen Überblick über die Situation in anderen Gemeinden verschaffen möchte, findet auf unserer interaktiven Karte einen Einstieg:
Zur Karte der Straßenausbaubeitragssatzungen (Strabs) in Niedersachsen
Wie geht es weiter – und wie kannst Du Dich einbringen?
Am 25. November 2025 werden unsere Anträge erstmals im Ausschuss für Straßen, Verkehr und Grünflächen beraten. Dort wird es darum gehen,
- ob die Gemeinde sich klar gegen Strabs positioniert
- ob die aktuellen beitragspflichtigen Maßnahmen ohne Belastung der Anliegerinnen und Anlieger umgesetzt werden
- und wie wir in Adendorf künftig mit Straßensanierungen umgehen wollen.
Wir laden alle Interessierten aus Adendorf und Erbstorf ein:
- Besucht die Ausschusssitzung am 25.11.2025, wenn es Euch möglich ist.
- Stellt Fragen – an uns und an die anderen Fraktionen.
- Meldet Euch bei uns, wenn ihr wissen wollt, wie ihr persönlich betroffen sein könntet oder wenn ihr uns Eure Sicht schildern möchtet.
Ihr erreicht uns per Mail unter post@abae.eu oder über das Kontaktformular auf unserer Startseite.
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Straßensanierung und Straßenausbaubeiträge in Adendorf und Erbstorf künftig sozial gerecht, transparent und rechtssicher organisiert werden – ohne dass einzelne Anliegerinnen und Anlieger durch plötzlich hohe Bescheide in finanzielle Not geraten.




