Das 1974 eröffnete Freibad ist mittlerweile ganz schön in die Jahre gekommen und soll nun eine Grundsanierung erhalten. Wie umfangreich die Arbeiten werden, wurde erst vor Kurzem klar als die Projektsteuerer von Reese Baumanagement der Politik zunächst im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss und dann am 30.03.2023 im Ausschuss für Kultur, Sport, Freizeit und Tourismus öffentlich das Sanierungskonzept vorstellten. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Ja, das wird teuer! Und zwar deutlich teurer als geplant. Allerdings wurde in den politischen Beratungen auch klar, dass uns kaum etwas anderes übrigbleibt – denn das Freibad aufzugeben und Zitat „Das Becken zuzuschütten“ ist für uns keine Alternative. Das zuletzt in 1999 in Teilen sanierte Freibad hat mittlerweile einen erheblichen baulichen und technischen Instandsetzungsrückstand. Daher ist die Sanierung der Becken und technischen Anlagen, sowie der Sanitär-und Umkleidebereiche erforderlich.
Bereits in 2018 wurde ein sogenannter Vorförderantrag gestellt, ein Hauptantrag folgte Ende 2020. Die Kosten für die Sanierung wurden damals auf 2,8 Millionen Euro netto geschätzt. Nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren des Fördermittelgebers erhielt die Gemeinde Adendorf im April 2021 einen vorläufigen Zuwendungsbescheid über eine Fördersumme von 45% der geschätzten Gesamtkosten (also 1,25 Mio Euro). Damals wurden unter anderem folgende Umsetzungsmaßnahmen im Förderantrag angegeben:
- Erneuerung der Beckenköpfe (Schwimmerbecken, Sprungbereich, Rutsche)
- Ersatzbau für die Sanitär-und Umkleidebereiche
- Sanierung des Kleinkindbeckens
- Schaffung eines neuen Rutschebeckens
- Sanierung und Überholung der Technik
- Erneuerung der Absorberanlage
- Herstellung der Barrierefreiheit
Die Sanierung wird mit einer Zuwendung von 1.251.000,00 Euro gemäß Förderbescheid über die Sanierung kommunaler
(Auzug aus dem im Ausschuss vorgestellten Sanierungskonzept)
Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur gefördert (BM des Inneren, für Bau und Heimat). Ein wichtiger
Aspekt ist hier, dass die Sanierungsmaßnahmen bis zum 31.12.2024 abgeschlossen sein müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Gemeinde Adendorf Anfang Januar 2023 die REESE Baumanagement Hamburg GmbH & Co. KG mit der Projektsteuerung für die Sanierung des Freibades beauftragt.
Einen Artikel der Landeszeitung zur Freibad Sanierung vom 24.11.2022 findet ihr hier.
Beckensanierung
Das bestehende Betonbecken (Schwimmer/Nichtschwimmer-Becken) soll mit einem Edelstahlkörper ausgekleidet werden. Durch den neuen Beckenboden verringert sich die Wassertiefe um ca. 20 cm (nach der Sanierung etwa 1,80 m tief), was zu Energieeinsparungen führen wird. Die Wasserrückführung erfolgt zu 100% über die Überlaufrinne. Und bevor ihr fragt: Das Wasser ist auch in einem Edelstahlbecken blau. Beispielsweise kann man sich das in Geesthacht oder auch im Außenbecken der „Insel“ in Winsen ansehen.
Vorteile solcher Edelstahlbecken gegenüber der Bauweise in Beton sind unter anderem einfache bauseitige Vorleistungen, ein hoher Vorfertigungsgrad und kurze Montagezeiten. Edelstahl ist ein hygienischer und pflegeleichter Werkstoff, Wartung und Pflege sind einfach. Ein Edelstahlbecken garantiert jahrzehntelange Haltbarkeit, es gibt außerdem weder Dehnungs- noch Frostprobleme.
Beckenkopfsanierung des Sprungbeckens
Der bisherige Beckenkopf wird mittels Betonschnitt entfernt. Der neue Edelstahlbeckenkopf besteht aus den Seitenwänden bis ca. 60cm
unterhalb des geplanten Wasserspiegels. Bisherige Beckenabmessungen und Wassertiefen werden beibehalten.
Errichtung, Funktion, Optik, Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit im Betrieb sind die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung dieser Art der Becken- bzw. Beckenkopfsanierung.
(aus dem vorgestellten Sanierungskonzept)
Ersatzbau der Sanitär-und Umkleideanlagen
Für die Sanitär- und Umkleideräume soll ein Ersatzbau errichtet werden, da die gegenwärtigen Räume nicht mehr dem heutigen Standard entsprechen und den zukünftigen Anforderungen an die Sportstätte nicht mehr gerecht werden. Die vollständige Barrierefreiheit wird damit auch zukünftig gewährleistet. Aufgrund der erhöhten Auslastung und dem damit verbundenem erhöhten Flächenbedarf soll die Fläche zudem um ca. 86 m² erweitert werden. Bei den gesamten Maßnahmen muss außerdem berücksichtigt werden, dass das Dach ausreichend tragfähig für
die ebenfalls geplante PV-Anlage ist. (Auszug aus dem vorgestellten Sanierungskonzept)
Sanierung der Sprungturmanlage
Zur Umsetzung heutiger Sicherheitsstandards sollen die Geländer ersetzt werden, so dass die Streben dann senkrecht statt jetzt waagerecht mit Plexiglas davor verlaufen. So wird gewährleistet, dass niemand zwischen den Streben vom Turm fallen kann oder mit dem Kopf dazwischen passt. Die Betonkonstruktion ist erhaltenswert und bekommt lediglich einen neuen Anstrich.
Kleinkindbecken
Die Förderung ist für eine Sanierung des Kleinkindbeckens beantragt worden. Der Projektsteuer schlägt aber einen Rückbau des Kleinkindbeckens vor und plant die Errichtung eines Wasserspielplatzes. Als Beispiel wurde ein Areal mit 10 Attraktionen und 20 Bodendüsen vorgestellt.
Hier ein interessanter Artikel: Warum locken Wasserspielgeräte Familien ins Schwimmbad?
Die Vorteile eines Wasserspielplatzes gegenüber einem Kleinkindbecken sind unter anderem barrierefreier Spielspaß für unterschiedliche Altersgruppen in einem sicheren Umfeld durch ein minimiertes Risiko bei Wasserhöhe „Null“. Durch die nicht vorhandene Wasserhöhe entfällt auch die jetzige Aufsichtspflicht durch das Freibadpersonal. Es ist außerdem keine Chlorung nötig , somit entfällt die sonst nötige, zusätzliche Errichtung eines Chlorungsraums neben dem Becken. Mal ganz abgesehen davon, dass ein Wasserspielplatz deutlich moderner und ansprechender wäre.
Es gibt aber auch Nachteile gegenüber dem jetzigen Kleinkindbecken, welche im Ausschuss ausgiebig diskutiert wurden. In dem vorgestellten Beispiel eines Wasserspielplatzes würde das Wasser einfach versickern und nicht zurückgeführt werden. In Zeiten von Grundwasserknappheit aufgrund der Klimakrise so eigentlich nicht zu verantworten. Der Projektsteuerer wurde daher von uns gebeten, für das nächste Treffen nach einer Alternative zu suchen, die man dem Gremium vorstellen kann. Als großer Nachteil wurde von der Politik außerdem aufgeführt, dass durch das dann fehlende Kleinkindbecken ein Teil der wichtigen Wassergewöhnung für Kleinkinder fehlt. Durch den Sanierungsbedarf bedingt, kann das Kleinkindbecken aber sowieso nicht so bleiben wie es ist. Denn bei einer Änderung muss es den aktuellen Normen für öffentliche Schwimmbäder entsprechen, und die schreibt eine geringere Wassertiefe vor.
Wie seht ihr das? Wäre ein Wasserspielplatz eine Bereichung für die Freibad-Landschaft in Adendorf und im Landkreis Lüneburg? Oder seid ihr eher der Meinung, dass man ein Kleinkindbecken behalten sollte?
Rutschelandebecken
Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und Reduzierung von Wasservolumen- und Verbrauch soll das Rutschelandebecken ersetzt werden. Somit fällt man nicht mehr in etwa 1m tiefes Wasser, sondern hat einen sicheren, flachen Auslauf wie man ihn z.B. aus dem Salü oder der Insel kennt. Das neue Rutschelandebecken soll auch aus Edelstahl sein.
Austausch und Sanierung der Technik
• Die Erneuerung der Ausgleichsbehälter (Wasserspeicher) ist notwendig, da diese veraltet sind und als Druckbehälter auch teilweise schon poröse Stellen (Rost) vorweisen. Der Austausch wurde seitens des TÜVs bereits gefordert.
(aus dem vorgestellten Sanierungskonzept)
• Der gleiche Eindruck entsteht für den Marmorkiesbehälter, welcher das Filtermaterial zur PH-Wert-Regulierung enthält.
• Ebenso zeichnet sich der Enteisungsfilter als schon poröser Druckbehälter ab und sollte im Zuge der Sanierung erneuert werden. Er enteist das sehr eisenhaltige Brunnenwasser, welches mehr als 50% des Brauchwassers liefert. Die Brunnennutzung soll weiterhin Bestand haben.
• Die Pumpen ziehen das Wasser aus dem Schwallwasserbehälter und drücken es durch die Filter und danach wieder in die Becken. Die Pumpen laufen aufgrund ihres Alters permanent unter Volllast. Durch die Umrüstung auf frequenzgesteuerte Pumpen wird die Dauer und Intensität des Pumpenbetriebes auf den tatsächlichen Bedarf angepasst. Dadurch wird auch eine signifikante Energieeinsparung erreicht werden.
• Der unterirdische Schwallwasserbehälter aus Beton erfüllt grundsätzlich nicht mehr die Normen. Dieses zeigt sich auch in dem anhaltenden großen Wasserverlust. Daher erfolgen Abbruch und Entsorgung von schadhaften und nicht mehr benötigten Teilen.
Photovoltaik und Umstellung auf Wärmepumpe mit Geothermie
Die zwar vorhandene, aber nicht mehr funktionsfähige Absorberanlage auf dem Dach des Gebäudes soll zurückgebaut werden. Die Brauchwassererwärmung und Heizung für die Bereiche Umkleide/Sanitär erfolgt zurzeit nur über Gas. Zukünftig soll auf dem Dach eine PV-Anlage installiert werden. Die ursprüngliche Planung hat außerdem vorgesehen eine große Geothermieanlage zu errichten, um das Freibad zu beheizen und auch das Eisstadion mit Wärmeenergie zu versorgen. Da die Maßnahme aber kein Bestandteil des ursprünglichen Förderantrags war, wurde sich entschieden diese zurückzustellen und zunächst Fördermittel einzuwerben, bevor die Maßnahme als eigenes, weiteres Projekt umgesetzt wird.
Barrierfreier Beckeneinstieg
Um die Becken barrierefrei erreichen zu können, müssen die Durchschreitebecken erneuert werden. Außerdem sind fünf neue Standduschen mit Wasserspar-Brausekopf notwendig. Ein mobiler Schwimmbadlifter zur Gewährleistung des barrierefreien Beckeneinstiegs soll angeschafft werden.
Kosten der Freibad-Sanierung
Wie anfangs erwähnt, ist man in der Zeit von 2018-2022 noch von Kosten in Höhe von 2,8 Mio Euro ausgegangen, wofür es eine zugesagte Förderung von 1,25 Mio Euro gibt. Ob diese Förderung allerdings zu 100% an aufgeführte Maßnahmen gebunden ist und entfällt, wenn man es doch anders realisiert, ist noch in der Klärung. Das betrifft zum Beispiel das Schwimmbecken: Während des Aufnahmeverfahrens für die Förderung ist man davon ausgegangen, dass lediglich (mal wieder) der Beckenkopf erneuert wird. Nun hat sich aber herausgestellt, dass es effektiver und langlebiger wäre, das gesamte Becken aus Edelstahl zu installieren. Fördermittelgeber, Projektsteuerer, Gemeindeverwaltung und Politik sind stets im Austausch über den Sachstand.
Mit einem eingerechneten Puffer belaufen sich die geschätzten Kosten nun auf 5,5 Mio Euro. Sagen wir es, wie es ist: Das ist eine große Summe mit der wir uns hier kommunalen Luxus leisten (wollen). Gezahlt wird es letztendlich mit Steuergeldern. Also von allen Einwohner:innen aus Adendorf und Erbstorf. Daher wurde im öffentlichen Ausschuss vom Kämmerer Herrn Gierke auch vorgestellt, wie wir uns die hohen Ausgaben durch Kredite und auch durch Erhöhung der Einnahmen leisten können. Eine Erhöhung der Eintrittspreise ab 2025 ist eine Möglichkeit, die Erhöhung der Grundsteuer eine weitere.
Projektablauf
Die Freibad Saison 2023 findet ganz normal statt. Nach dem Saisonende 2023 soll planmäßig die Bauphase beginnen. Für die Zuwendung der Förderung von 1,25 Mio ist es wie bereits erwähnt nötig, dass alle Maßnahmen bis zum 31.12.2024 abgeschlossen sind. Das bedeutet auch, dass das Adendorfer Freibad in 2024 geschlossen bleibt. Das klingt erstmal nach nicht so tollen Neuigkeiten, aber letztendlich sind es nur 5 Saison-Monate. Unter Sicherheitsaspekten und auch bei dem vorgegebenen straffen Zeitplan, ist es einfach unmöglich während eines laufenden Betriebs des Freibads alles rechtzeitig zu schaffen. Ab 2025 haben wir dann ein topsaniertes Freibad, ein besseres Geburtstagsgeschenk können wir dem Freibad doch zum 50.Geburtstag kaum machen, oder!?
Artikel aus der Landeszeitung vom 13.04.2023 : Warum das Freibad in Adendorf 2024 nicht öffnen wird
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Das Beitragsbild ist übrigens von der Instagram-Seite des Freibads Adendorf, falls sich das jemand gefragt hat.