Halbzeitbilanz in Niedersachsen: Warum die Kommunen Alarm schlagen

Die Landesregierung Niedersachsen zieht zur Legislaturhalbzeit eine positive Bilanz: Der Landeshaushalt wächst, Investitionen in Bildung, Gesundheit und Klimaschutz werden betont, und aus dem Haushaltsüberschuss 2024 stehen den Kommunen einmalig 640 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung. Doch während in Hannover Optimismus herrscht, schlagen die Kommunen im Land Alarm: Sie sehen sich finanziell am Limit und fordern nachhaltige Lösungen statt kurzfristiger Hilfen.

Kommunale Realität: Zwischen Pflichtaufgaben und Finanznot

Viele Städte, Gemeinden und Samtgemeinden in Niedersachsen berichten von einer dramatischen Finanzlage. Die Gründe sind vielfältig: Immer neue Aufgaben werden den Kommunen übertragen, ohne dass eine ausreichende Gegenfinanzierung erfolgt. Besonders die Sozialausgaben – etwa für Jugendhilfe oder Bürgergeld – steigen stetig und sind für viele Kommunen kaum noch tragbar. Hinzu kommt, dass Niedersachsen im bundesweiten Vergleich Schlusslicht beim kommunalen Finanzausgleich ist und das höchste kommunale Defizit aufweist.

„Unsere Kommunen ächzen unter immer neuen Aufgaben ohne ausreichende Gegenfinanzierung. Niedersachsen ist Schlusslicht beim kommunalen Finanzausgleich – das kann und darf sich nicht länger fortsetzen.“

(Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes)

Fakten zur Finanzlage

  • Im Jahr 2024 lagen die kommunalen Ausgaben rund 4 Milliarden Euro über den Einnahmen.
  • Die Verschuldung steigt: Neben langfristigen Krediten nehmen auch kurzfristige Kassenkredite zu.
  • Rücklagen sind vielerorts erschöpft, Haushaltssperren drohen.
  • Investitionen in Schulen, Straßen, Feuerwehren und Krankenhäuser werden immer schwieriger zu stemmen.

Einmalige Hilfen – keine strukturelle Lösung

Die Landesregierung reagierte auf die prekäre Lage mit einem Investitionspaket: Aus dem Haushaltsüberschuss 2024 erhalten die Kommunen 640 Millionen Euro, die flexibel für Investitionen vor Ort eingesetzt werden können – vom Ausbau von Kita-Plätzen über Ganztagsschulen bis zur Sanierung von Krankenhäusern. Ein Eigenanteil der Kommunen ist nicht erforderlich, die Mittel können bis Ende 2028 abgerufen werden.

Das wird von den kommunalen Spitzenverbänden zwar als Entlastung anerkannt, aber auch deutlich kritisiert: Die strukturellen Finanzprobleme der Kommunen werden dadurch nicht gelöst. Die Investitionsmittel helfen kurzfristig, beheben aber nicht das dauerhafte Defizit und die Unterfinanzierung bei laufenden Ausgaben.

Forderungen der Kommunen: Mehr als Symbolpolitik

Die kommunalen Spitzenverbände fordern von der Landesregierung:

  • Erhöhung der Mittel im kommunalen Finanzausgleich: Die Verbundquote muss steigen, damit die Kommunen dauerhaft handlungsfähig bleiben.
  • Ausreichende Finanzierung für KiTas und Ganztagsschulen: Die Kostensteigerungen dürfen nicht allein auf die Kommunen abgewälzt werden.
  • Verlässliche Übernahme der Kosten für gesetzliche Aufgaben: Das Land muss seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachkommen, wenn es neue Aufgaben überträgt (Konnexitätsprinzip).

„Das Land darf die Kommunen nicht im Regen stehen lassen! Wir leisten immer mehr Aufgaben ohne entsprechenden finanziellen Ausgleich. Das ist kein Ausdruck guter Zusammenarbeit.“

(Dr. Marco Trips, Präsident des NSGB)

Was steht auf dem Spiel?

Die kommunale Selbstverwaltung ist ein Grundpfeiler der Demokratie und Garant für die Daseinsvorsorge vor Ort. Wenn Kommunen finanziell ausbluten, stehen nicht nur freiwillige Leistungen wie Sportanlagen oder Kulturangebote auf dem Spiel, sondern auch die Grundversorgung – von der Schultoilette bis zur Feuerwehr.

Die Landesregierung hat weitere Gespräche über strukturelle Verbesserungen angekündigt. Doch die Kommunen fordern: Es darf nicht bei Ankündigungen bleiben. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden – und damit um die Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen.

Fazit:
Die Halbzeitbilanz der Landesregierung zeigt Licht und Schatten. Während das Land investiert und einmalige Hilfen verteilt, bleibt die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen ungelöst. Es braucht jetzt nachhaltige Lösungen, damit die Kommunen in Niedersachsen auch morgen noch ihre Aufgaben erfüllen können – für eine starke, lebenswerte Region.

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