Es könnte so einfach sein

In wenigen Wochen sind Sommerferien und als Mutter bin ich total frustriet…als Ratsfrau übrigens auch. Es geht um das Ferienprogramm der Gemeinde Adendorf. Nicht inhaltlich, sondern um das ganze Drumherum. Aber von vorne :

Für die Haushaltsberatungen mussten wir Hunderte von Seiten lesen und uns Gedanken dazu machen. Ich stolperte damals darüber, dass die Gemeinde Geld einplanen wollte für den hochwertigen Farbdruck eines Sommer-Ferienprogramms. Dieser Hochglanzprospekt sollte durch Werbung finanziert werden, den restlichen Betrag sollte das Budget decken. Im dafür zuständigen Ausschuss fragte ich am 1.2.2022 unter Ö 16 das erste Mal danach, ob das wirklich noch zeitgemäß ist.
Nachhaltig ist es schon gar nicht! Ich weiß nämlich, dass viele dieser Zettel im Müll landen oder man mit mehreren Kindern an der Schule z.B. auch mehrere solcher Zettel nach Hause bekommt. Mal abgesehen von der immer noch vorherrschenden Corona-Situation. Warum für viel Geld etwas drucken lassen, wenn dann wegen Corona plötzlich doch nur noch 5 Kinder kommen dürfen, Programmpunkte nicht stattfinden können oder Betreuer:innen erkranken? Dann wäre das Geld doch rausgeschmissen. Außerdem merkte ich an, dass heutzutage alle Kinder, die in Adendorf auf die Grundschule oder ab 5.Klasse auf die weiterführenden Schulen (Adendorf, Scharnebeck, Lüneburg) gehen, via iServ zu erreichen wären. Ein Klick und schon erreicht man alle, und das auch noch gratis! Außerdem wäre dieses nur eine Möglichkeit um jederzeit Zugriff auf das Sommerferien-Programm zu haben. Die Eltern haben meist nicht nur die iServ-App auf dem Handy, sondern nutzen diese auch um z.B. Schulbuchausleihe oder Ganztagsangebote zu buchen. Meine Idee bei dem Ganzen ist runtergebrochen folgende : Warum viel Geld in eine einmalige Broschüre investieren, wenn man stattdessen eine langfristigere und auch günstigere Lösung finden könnte. Das gesparte Budget könnte man dann in den Inhalt des eigentlichen Programms stecken, in dem man zB Aktionen und Ausflüge subventioniert oder mehr Materialien anschaffen könnte. Und unabhängig davon, sind Kommunen ab 2023 gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) ohnehin verpflichtet, Verwaltungsdienstleistungen online zugänglich zu machen (Barrierefeiheit). Dem Protokoll ist das meiste davon leider nicht zu entnehmen.

Zur nächsten Ausschuss-Sitzung am 24.3.2022 stellte ich dann den Antrag, dass eine Software-Lösung zur Bereitsstellung des Ferienprogramms angeschafft werden soll. Hier findet ihr das Protokoll zu diesem Tagesordnungspunkt. Näheres zum Ferienprogramm und den Originalantrag findet ihr hier, ich habe nämlich schon einmal etwas dazu geschrieben. Auf diese Software-Lösung aufmerksam geworden bin ich übrigens bei unserer Nachbargemeinde, der Samtgemeinde Bardowick. Klickt hier, um euch das Sommerferien-Programm der Samtgemeinde Bardowick inklusive Buchung und Zahlung anzusehen. Ich habe es 2021 auch benutzt und meine Kinder so letztes Jahr für ein, zwei Aktionen in Bardowick angemeldet – ich als Zielgruppe war begeistert.

Im Ausschuss am 24.3. erläuterte die Fachbereichsleiterin, dass für das Jugendzentrum (Juz) derzeit Umstrukturierungen und Bewerbungen stattfinden, dieses erstmal Vorrang habe und dass das Thema in der nächsten Dienstbesprechung mit den Mitarbeiter:innen des Juz behandelt werden soll. Die eigentliche Beschlussfassung war folgende : „Die Verwaltung wird beauftragt einen Vertrag zur Nutzung der nupian Ferienprogramm-Software abzuschließen, um in Zukunft das Ferienprogramm der Gemeinde Adendorf online anzubieten und zu verwalten. Die Kosten des Programms sollen von der Verwaltung getragen werden.“ Der Aussschussvorsitzende hat über meine eigentliche Beschlussfassung nicht abstimmen lassen, sondern den Beschluss abgeändert. Der Beschluss der gefasst wurde, lautete nach der Diskussion : Die Verwaltung wird beauftragt gemeinsam mit den Mitarbeitern der Jugendarbeit zu prüfen, ob eine Software zur Verwaltung des Ferienprogrammes angeschafft werden soll.

Machen wir es kurz: Es wurde bisher nicht geprüft und auch nichts angeschafft.
Einerseits hat das mit Personalmangel in der Verwaltung zu tun, aber auch mit viel Arbeit, die es dort zu bewältigen gibt. Ich habe dafür Verständnis, kann aber auch nicht nachvollziehen, warum man sich das Leben nicht mit einer fertigen Lösung erleichtert. Denn das Programm muss man ja sowieso schreiben, ob nun in einer Exel-Tabelle oder in einer Software ist doch zeitlich der selbe Aufwand. Manchmal hörte ich ein „Aber die Kosten Frau Fiedler.“ Sorry, aber das ist für mich kein Argument. Die Kosten im ersten Jahr belaufen sich wegen der Ersteinrichtung auf 643,-EUR, in jedem weiteren Jahr auf 399,-EUR. Im Verhältnis dazu was die Gemeinde sonst so ausgibt, auch um z.B. Vereine bei einmaligen Feierlichkeiten zu unterstützen, ein lächerlicher Betrag…jedenfalls wenn man sich überlegt, dass man damit jährlich (!) eine riesige Interessengruppe von Kindern, Jugendlichen und deren Familien anspricht. Oder wie seht ihr das?

Verwaltungsinterene Vorgänge haben schlußendlich dazu geführt, dass man es erst Mitte Mai geschafft hat, überhaupt inhaltlich ein Ferienprogramm auf die Beine zu stellen. Und für die Umstände und die Kürze der Zeit ist es wirklich gut geworden. Die Verwaltung hat allerdings wieder tausendfach Papier für das Programm ausgedruckt, um es an den Schulen zu verteilen. Zusätzlich wurde es auf der Homepage zur Verfügung gestellt (Darstellung auf Handy nicht gut). Klickt hier für das aktuelle Sommerferien-Programm der Gemeinde Adendorf.

Erfahrungsbericht

Und falls ihr euch jetzt fragt, wann ist dieser Artikel endlich zu Ende!? Dauert noch. Denn jetzt folgt mein Erfahrungsbericht des ganzen Ablaufs als Mutter:

  • An der Grundschule haben noch gar nicht alle Klassen das Ferienprogramm ausgeteilt bekommen.
  • Die Papierversion deckt nicht den Bedarf der Kinder, die nicht in Adendorf zur Schule gehen, aber hier leben. Adendorfer Kinder gehen auf das BRG oder die Oberschule in Scharnebeck, aber auch auf die IGS, das Johanneum oder die Wilhelm-Raabe-Schule in Lüneburg.
  • Viele Familien kommen auch nicht unbedingt auf die Idee, auf der Homepage zu schauen. Denn seien wir mal ehrlich, die Seite des Juz bietet die meiste Zeit des Jahres nicht sonderlich viele Informationen, wenn man sie denn überhaupt findet.
  • Mit der Software-Lösung könnte man direkt schauen wieviele Plätze für welche Angebote (noch) zur Verfügung stehen, ob es eine Warteliste gibt oder welche Altersgruppe angesprochen werden. Man kann auch vorauswählen, ob für Junge/Mädchen oder Nichtschwimmer:in/Schwimmer:in gesucht wird. Und dann kann man schlußendlich teilweise per Sepa-Lastschrift bezahlen und weiß am Ende das Buchungsvorgangs, dass man einen Platz sicher hat. Für viele von uns ein wichtiger Faktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Schaut euch wie gesagt einfach mal die Handhabung bei der Samtgemeinde Bardowick an.
  • Ich habe meine Kinder für das Ferienprogramm angemeldet, nachdem ich mir direkt im Juz einen Zettel mit den Terminen abgeholt habe. Das Grundschulkind hat nämlich bisher kein Ferienprogramm bekommen. Das große Kind bekommt keines, da die Schule nicht in Adendorf ist. Online sind die Termine etwa seit 11.6.2022 zu finden.

Wie läuft die Anmeldung für das Ferienprogramm in Adendorf?

  • Mittwoch 8.6. : Ich schreibe eine Mail an das Juz, in der ich aufliste wann welches Kind zu welchem Programmpunkt kommen möchte. Es sind auch Angebote/Ausflüge dabei, die Geld kosten. Anmeldung dazu erfolgt übers Juz, Geld soll in der Gemeinde bezahlt werden.
  • Donnerstag 9.6. : Ich gehe zur Gemeinde, um das Geld für die Ausflüge zu bezahlen, denn die Anmeldung ist erst verbindlich, wenn das Geld gezahlt wurde. Man schickt mich von der Info in die Gemeindekasse, nicht zuständig. Von dort zum Einwohnermeldeamt. Dort beschäftigen sich 4 Leute mit meinen Fragen, da ich die Erste bin. Auskunft nach 10 Minuten : Sie brauchen erst eine Bestätigung vom Juz, dass Sie überhaupt auf der Liste sind. Sobald Sie diese haben, können Sie zahlen.“ Ich erwidere: „Heute ist Donnerstag, das Juz hat geschlossen, dann sehen wir uns frühstens am Freitag wieder.“
  • Freitag 10.6. : Keine Mail vom Juz – ist ja auch klar, schließlich haben sie geöffnet und bieten Programm für die dort anwesenden Kinder.
  • Montag 13.6. : Die Mail vom Juz mit der Bestätigung der Termine kommt um 16:30 Uhr. Das Rathaus hat Montags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Bezahlen kann ich also heute nicht mehr. Ich nutze die Zeit und schaue mal beim Juz vorbei. Dort erfahre ich, dass sehr viele Anmeldungen eingehen : per Mail ans Juz, Mail an die Gemeinde, telefonisch oder jeweils vor Ort Anmeldungen – es sind also verschiedene Menschen unabhängig von einander und paralell zu ihrer eigentlichen Arbeit mit dem Anmeldeverfahren beschäftigt. Die einen nutzen ausgedruckte Zettel, andere schicken wie ich Mails, wieder andere rufen an. Alles wird von Hand in Listen zum Abgleich übertragen. All das bindet an verschiedenen Stellen schon zu diesem Zeitpunkt unglaubliche personelle Resourcen und Zeit. Ich dachte, dass ich ja fix mit meinen Anmeldungen bin – erfahre aber vor Ort, dass einige Angebote schon voll sind. Hätte ich das online schon irgendwo vorher sehen können, hätte das nicht nur mir selbst bei meiner Mail Zeit erspart, sondern auch den Leuten im Juz. Nun ja…
  • Ich erfahre weitere Infos, die weder im Netz noch auf dem Zettel stehen : Man darf ein Kind nur zu maximal drei kostenpflichtigen Ausflügen anmelden, da natürlich so vielen Kindern wie möglich die Chance auf eine Teilnahme gegeben werden soll. Klingt nachvollziehbar. Die beiden „Neuen“ im Juz wundern sich, warum die Eltern die Kinder auch für die ganzen anderen, kostenfreien Angebote anmelden. Ich erkläre, dass man das wegen Corona die letzten zwei Jahre so machen musste und pro Aktion auch immer nur 5 Kinder teilnehmen konnten. Dass das dieses Jahr eventuell nicht so ist, kann man nirgends lesen. Wieviele Kinder dieses Jahr zu Aktionen kommen können, weiß ich nicht. Es scheint ja aber irgendeine Art von Begrenzung zu geben, sonst wäre der Grillabend ja nicht schon ausgebucht.
  • Apropos Grillabend: Im Internet und auf dem Zettel steht der falsche Termin, er wäre eigentlich am 13.7. Druckfehler.
  • Dienstag 14.6. : Ich will im Einwohnermeldeamt die Ausflüge bezahlen. Dort weiß man nicht genau, ob ich jetzt eine Quittung oder ähnliches brauche, um beim Juz nachzuweisen, dass ich gezahlt habe und meine Anmeldung jetzt verbindlich ist. Die Person, die es wahrscheinlich weiß, hat Urlaub. Ich nehme sicherheitshalber eine Quittung mit und schicke ein Foto davon per Mail ans Juz.
  • Mittwoch 15.6. : Das Juz und ich freuen uns, dass jetzt endlich alles in Sack und Tüten ist. Allerdings benötigen sie noch ausgedruckte Anmeldezettel wegen Telefonnummer, Allergieabfrage usw. Diese Zettel hab ich ja nie ausgedruckt, da ich eine Mail geschickt habe. Da dem Juz ein Foto davon reicht, sende ich eine weitere Mail.

Jetzt können die Sommerferien kommen. Meine Kinder freuen sich schon sehr, auch auf das tolle Programm im und mit dem Juz.

Mir als Mutter und Ratsfrau bleibt nach über einer Woche das Fazit:
Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht!

Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was denkt ihr über eine Software-Lösung ab Herbstferien oder generell? Schreibt es gerne in die Kommentare.

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