Rede zum Haushalt 2026

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Gemeinde Adendorf steht finanziell nach wie vor an einem Punkt, an dem ein schlichtes „Weiter so“ nicht mehr verantwortbar ist.

Der ordentliche Ergebnishaushalt 2026 weist einen Fehlbetrag von gut 3 Millionen Euro aus. Der Ausgleich gelingt – wie schon in den Vorjahren – nur noch fiktiv über die Überschussrücklage. Die laufende Liquidität ist rückläufig, wir haben seit 2024 und 2025 wieder Kreditaufnahmen in zweistelliger Millionenhöhe, und die Kämmerei selbst warnt in ihrer Vorlage vor einer strukturellen Schwäche des Haushalts und vor der Gefahr einer Überforderung zukünftiger Haushalte durch den Schuldendienst.

Wir beraten heute den Haushalt 2026, den letzten dieser Wahlperiode – und den letzten Haushalt, den wir als Rat in dieser Zusammensetzung und Sie, Herr Maack, verantworten. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, wirken aber weit über diese Amtszeit hinaus. Sie bestimmen die finanziellen Spielräume des nächsten Rates und der künftigen Verwaltungsspitze – und sie reichen hinein in das Leben unserer Kinder und Enkel in Adendorf und Erbstorf.

Zunächst möchte ich den vielen Menschen danken, die unsere Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben: den älteren Generationen, die mit ihrer Arbeit, ihren Steuern und ihrem Ehrenamt Adendorf und Erbstorf geprägt haben, ebenso wie den Familien, die sich jeden Tag hier einbringen. Ohne sie stünde unsere Gemeinde heute nicht dort, wo sie steht. Gerade weil so viele Generationen an diesem Ort mitgewirkt haben, trägt dieser Rat eine Verantwortung, die über die eigene Amtszeit hinausgeht.

Finanzlage und AG Finanzen

Die finanzielle Situation ist bekannt und von der Verwaltung klar beschrieben:

  • Wir haben ein strukturelles Defizit.
  • Die laufenden Aufwendungen steigen dauerhaft, insbesondere bei Personal- und Transferausgaben.
  • Die Folgekosten aus den Investitionen der letzten Jahre wachsen spürbar.
  • Die Kreditverschuldung war durch Umschuldungen zwischenzeitlich reduziert worden, steigt nun aber mit den Großinvestitionen wieder deutlich an.

Die Spielräume werden enger, die Risiken größer. Auf massiven Druck – auch von uns, aber ebenso von CDU/FDP und den Grünen – wurde nach dem Ringen um den Haushalt 2025 die Arbeitsgruppe Finanzen eingerichtet. Ein Nachtragshaushalt drohte damals zu scheitern, der Kompromiss war die AG Finanzen.

Sie sollte genau dort ansetzen, wo der Haushalt seit Jahren schwächelt:

  • bei den dauerhaft steigenden Aufwendungen,
  • bei Prioritäten zwischen Pflichtaufgaben, freiwilligen Leistungen und Großprojekten,
  • bei neuen, tragfähigen Einnahmequellen.

Wenn wir heute auf den Haushalt 2026 schauen, müssen wir nüchtern feststellen:

  • Die vom Bürgermeister moderierte AG Finanzen hat keinen erkennbaren Beitrag zu einem Kurswechsel geleistet.
  • Was keinesfalls am politischen Willen der CDU/FDP, B90/Die Grünen und Die Unabhängigen-ABAE gelegen hat.
  • Es liegt kein konsistentes Konsolidierungskonzept vor.
  • Es gibt keine konkreten, hinterlegten strukturellen Einsparungen, die das Defizit spürbar senken.
  • Und viele der diskutierten Maßnahmen sollen frühestens ab 2027 greifen – also dann, wenn ein neuer Rat und eine neue Verwaltungsspitze die Verantwortung tragen.

Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Haushalt 2026 für uns nicht überzeugend. Er beschreibt die Risiken, zieht daraus aber wieder einmal keine ausreichenden Konsequenzen. Es fehlen verbindliche Schritte zur Begrenzung der dauerhaft steigenden Aufwendungen, zur klaren Priorisierung von Pflichtaufgaben und Zukunftsinvestitionen und zur Entwicklung zusätzlicher, ausgewogener Einnahmequellen. Die AG Finanzen bleibt hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück.

Haushaltsfiktion statt Konsolidierung

Seit Beginn dieser Ratsperiode haben wir als Fraktion Die Unabhängigen-ABAE in jeder Haushaltsberatung dieselben Maßstäbe angelegt:

  • Einnahmen stärken,
  • Ausgaben ehrlich begrenzen und Gegenfinanzierungen sicherstellen,
  • Rücklagen schonen
  • und Entscheidungen generationengerecht treffen.

2022 und 2023 konnten wir dem Haushalt zustimmen, weil mit neuen Einnahmequellen ein Ausgleich möglich war und wichtige Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz finanziert werden konnten.

Eine dieser neuen Einnahmequellen war die von uns eingebrachte Beherbergungssteuer. Damit holen wir Übernachtungsgäste mit ins Boot, die Adendorf und Erbstorf touristisch nutzen, ohne die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger noch stärker über Grundsteuer und Gebühren zu belasten. Dass diese Steuer im aktuellen Haushaltsplan erneut erhöht wird, zeigt: Das ist keine einmalige Idee, sondern eine dauerhafte externe Einnahmequelle, die den Ergebnishaushalt Jahr für Jahr entlastet.

2024 und 2025 haben wir die Haushalte abgelehnt, weil zentrale Konsolidierungsschritte politisch nicht gewollt waren und die Defizite konsequent über Rücklagen gedeckt wurden. Das setzt sich 2026 fort: Wir haben ein deutliches Minus im Ergebnishaushalt, und die Überschussrücklage wird als bequeme, aber endliche Pufferzone genutzt, um einen formalen Ausgleich zu konstruieren.

Sie, Herr Bürgermeister, erzählen gern das Narrativ einer Konsolidierung durch „gutes Wirtschaften in den vergangenen Jahren“. Richtig wäre aus unserer Sicht: Der Kämmerer hat gut gearbeitet, Kredite klug umgeschuldet und mit der Verwaltung solide Finanzen organisiert. Die Überschüsse der vergangenen Jahre stammen aber in erster Linie aus Maßnahmen, die nicht oder nur stark verzögert umgesetzt wurden. Wir alle wissen: In einer Phase rasant steigender Bau- und Personalkosten ist das späte Umsetzen von Projekten kein Sparen, sondern ein teures Aufschieben.

Was man der SPD-Mehrheit zugutehalten kann: Es wurden in dieser Haushaltsrunde keine ganz neuen Großprojekte oben draufgelegt. Aber das ist kein strategischer Kurswechsel, das ist eine kleine Kurskorrektur auf einem Kurs, der längst gesetzt ist. Wir segeln weiter in Richtung Haushaltssicherung – nur etwas langsamer.

Niemand bestreitet, dass Bund und Land die Kommunen in den letzten Jahren mit immer mehr Aufgaben konfrontiert haben, ohne sie ausreichend zu finanzieren: Sozialleistungen, Standards in Bildung und Betreuung, Integration, Digitalisierung. Dazu kommen Entscheidungen im Kreistag, insbesondere zur Kreisumlage, die unsere Haushaltslage zusätzlich belasten und Spielräume weiter einengen, bei steigenden Kosten im Sozialbereich und im ÖPNV, die der Landkreis über die Umlage an die Gemeinden weitergibt.

Das alles verstößt oft gegen das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ und bindet einen immer größeren Teil der kommunalen Budgets, während der Spielraum für eigene Investitionen schrumpft. Aber gerade deshalb reicht es nicht, immer nur nach oben zu zeigen. Wenn die kommunale Ebene strukturell unterfinanziert ist, dann müssen wir hier im Rat umso verantwortungsvoller mit jedem Euro umgehen, Prioritäten setzen und auf Projekte verzichten, die wir auf Dauer nicht finanzieren können.

In den letzten Ausschusssitzungen wurde die Frage gestellt, ob noch unsere Enkelkinder all diese Schulden abtragen müssen. Diese Frage ist berechtigt und spiegelt die Sorge vieler Menschen in Adendorf und Erbstorf wider – quer durch alle Altersgruppen. Generationengerechtigkeit bedeutet nämlich nicht, den Älteren etwas vorzuwerfen. Generationengerechtigkeit heißt, Verantwortung gemeinsam zu tragen: heute so zu handeln, dass Lebensqualität im Hier und Jetzt gesichert wird, ohne die Handlungsspielräume von morgen zu verbrennen.

Nachhaltige Haushaltspolitik

Ein Haushalt ist keine reine Zahlenübung, er ist ein politisches Programm. Wir als Unabhängige-ABAE stehen für eine nachhaltige Haushaltspolitik, bei der Klimaschutz und Energieeffizienz nicht „nice to have“, sondern knallharte finanzielle Vernunft sind. Positiv hervorheben möchte ich, dass unser Antrag zur Stärkung von Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden einstimmig aufgenommen wurde.

Genau das sind die richtigen Zukunftsinvestitionen:

  • Sie zahlen auf den Klimaschutz ein,
  • und sie entlasten den Haushalt unmittelbar, weil die Einsparungen bei den Stromkosten voraussichtlich höher sind als Abschreibungen und Finanzierungskosten.

Jede zusätzliche PV-Anlage auf Rathaus, Schulen, Sporthallen und anderen Gebäuden macht uns ein Stück unabhängiger von schwankenden Energiepreisen und entlastet den Ergebnishaushalt Jahr für Jahr.

Auch unser Antrag auf Steckersolargeräte für die Mobilheime, in denen Geflüchtete untergebracht sind, geht in diese Richtung. Der Ansatz wurde zwar auf 5.000 Euro reduziert, die Verwaltung prüft die Umsetzung. Aber die Richtung ist klar: Gerade dort, wo über Klimageräte elektrisch geheizt wird, reduziert jede selbst erzeugte Kilowattstunde Strom nicht nur CO₂, sondern auch laufende Kosten.

Das ist der Unterschied in der Perspektive:
Wir betrachten Klimaschutz nicht als teure Zusatzaufgabe, sondern als Investition, die den Haushalt langfristig stabilisiert.

Straßenausbaubeiträge

Ein zweites Kernthema ist die Frage, wie wir unsere Infrastruktur finanzieren.
Wir haben in Adendorf eine Straßenausbaubeitragssatzung. Solange sie gilt, müssen Maßnahmen beitragsfähig veranlagt und im Haushalt entsprechend abgebildet werden. Das gebietet die Haushaltswahrheit. Politisch ist unsere Position aber klar: Wir sind gegen Straßenausbaubeiträge.

Das Beispiel „Am Lehrgut“ zeigt sehr deutlich, warum. Hier geht es um die Herstellung einer funktionierenden Oberflächenentwässerung, also um eine Maßnahme, die nicht nur einzelnen Grundstücken nützt, sondern dem Allgemeininteresse dient. Schutz vor Starkregen und Schutz der Infrastruktur: Das sind klassische Aufgaben der Daseinsvorsorge. Trotzdem würden die Anliegerinnen und Anlieger über Ausbaubeiträge stark zur Kasse gebeten. Das empfinden viele Menschen zu Recht als ungerecht.

Wir kämpfen deshalb für die Aufhebung der Strabs und für eine gerechte Finanzierung über allgemeine Mittel. Zum Beispiel über die Grundsteuer, die breit und planbar wirkt, statt über Beitragsschocks für einzelne Straßen.

Unsere Botschaft ist einfach: Infrastruktur, die alle brauchen, muss auch von allen gemeinsam finanziert werden.

Prioritäten

Wir sind uns in diesem Rat einig: Bibliothek, Jugendarbeit, Sportvereine, Freibad und Eishalle tragen wesentlich zur Lebensqualität in unserer Gemeinde bei. Aber in einer finanziell angespannten Situation brauchen wir eine klare Reihenfolge:

  1. Zuerst müssen Pflichtaufgaben und zentrale Zukunftsinvestitionen gesichert sein – insbesondere Schule, Kitas, Bildung und soziale Infrastruktur.
  2. Dann kommen die wichtigen freiwilligen Leistungen, die unser Gemeindeleben tragen – Bibliothek, Jugendpflege, Vereine.
  3. Und erst danach können wir uns zusätzliche freiwillige Großprojekte leisten, wenn die Basis solide finanziert ist.

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist das Bundesprogramm für kommunale Sportstätten, über das wir später noch beraten werden. Auf dem Papier klingt eine Förderquote von 45 Prozent attraktiv. Wenn wir aber für mehrere Einrichtungen unser Interesse bekunden und sämtliche Maßnahmen bis 2031 umsetzen würden, bindet das die Gemeinde mit einem Eigenanteil in Millionenhöhe. Zusätzlich zu den bereits beschlossenen Großinvestitionen, wie etwa der Sanierung der Adolph-Holm-Kita.

Gleichzeitig wissen wir alle, dass eine neue Grundschule dringend benötigt wird. Diese zentrale Zukunftsinvestition ist in diesem Programm weder geplant noch finanziert.

Fördermittel dürfen uns nicht dazu verleiten, dem Geld hinterherzubauen, während wir die Basis-Infrastruktur für Bildung, Betreuung und Teilhabe immer weiter aufschieben.

Ratskultur

Was uns neben den Zahlen besonders Sorge macht, ist die Art und Weise, wie wir hier inzwischen miteinander umgehen.

Anträge anderer Fraktionen werden immer häufiger als „Wahlkampftaktik“ oder „Populismus“ etikettiert, statt sich ernsthaft mit den Argumenten auseinanderzusetzen. Das mag Debatten kurzfristig verkürzen, langfristig schadet es der Ratskultur und dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in uns alle.

Eine gute Idee wird nicht dadurch schlecht, dass sie aus der Opposition kommt. Und ein Antrag wird nicht automatisch richtig, nur weil er aus der Mehrheitsgruppe stammt.

Wir werben dafür, dass wir uns in den Beratungen wieder stärker auf Inhalte konzentrieren, Argumente prüfen, Alternativen abwägen und Entscheidungen nachvollziehbar begründen, unabhängig davon, von wem ein Vorschlag stammt.

Die SPD hat sich in den letzten Jahren eine Mehrheitsgruppe organisiert, erst mit Die Linke, dann zusätzlich mit einem übergelaufenen Ratsmitglied, inzwischen mit 13 SPD-Sitzen plus Bürgermeister. Diese Mehrheit ist nicht das Ergebnis der ursprünglichen Wählerentscheidung, sondern Ergebnis von Verschiebungen zulasten der Wählerstimmen der Die Unabhängigen-ABAE.

Wer sich eine solche Mehrheit aktiv organisiert, kann sich aber nicht im gleichen Atemzug vor der Verantwortung drücken. Dann trägt diese Mehrheit auch die Verantwortung für den Kurs in Richtung Haushaltssicherung.

Ausblick

Wir können diesen Haushalt 2026 eigentlich nicht mittragen.

  • Weil er das strukturelle Defizit benennt, aber nicht konsequent angeht.
  • Weil er weiter auf Haushaltsfiktion durch Rückgriff auf die Überschussrücklage setzt.
  • Weil er keine klaren Prioritäten zugunsten von Pflichtaufgaben und zentralen Zukunftsinvestitionen setzt.
  • Und weil notwendige Strukturreformen und zusätzliche, ausgewogene Einnahmequellen weiter vertagt werden.

Wir erwarten einen Kurswechsel, hin zu einer transparenten, generationengerechten Finanzpolitik, die:

  • die dauerhaft steigenden Aufwendungen begrenzt,
  • Pflichtaufgaben und Zukunftsinvestitionen in Bildung, Klimaschutz und soziale Infrastruktur priorisiert,
  • und zusätzliche Einnahmen aus realistischen, verantwortungsvollen Entscheidungen gewinnt.

Für uns heißt das konkret:

  • Wir wollen das Zahlen, Risiken und Optionen für den Umgang mit Steuergeld und Haushaltsmitteln transparent dargestellt werden und wir mit den Menschen in Adendorf und Erbstorf ehrlich darüber sprechen, was möglich ist und was nicht.
  • Wir wollen Entscheidungen, die für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sind: Transparenz schafft Vertrauen, gerade in einer schwierigen Haushaltslage.
  • Wir wollen nachhaltige Investitionen, die allen Generationen zugutekommen und auch in zehn und zwanzig Jahren noch finanzierbar sind.
  • Und wir wollen, dass dieser Rat wieder stärker mit denjenigen im Gespräch ist, die das am meisten betrifft.

Wir haben in den vergangenen Jahren und auch heute gezeigt, dass es Alternativen gibt: mit Instrumenten wie der Beherbergungssteuer, mit realistischen Ansätzen im Grundstücksverkehr und mit Investitionen in Energieeffizienz, die den Ergebnishaushalt dauerhaft entlasten. Wir werden uns auch in den kommenden Jahren dafür einsetzen, dass wir diesen Kurswechsel schaffen.

Unser Dank gilt wie in jedem Jahr allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, der engagierten Bürgerschaft, den Ehrenamtlichen und allen Mitarbeitenden der Verwaltung, die unter schwierigen Rahmenbedingungen täglich daran arbeiten, Adendorf und Erbstorf handlungsfähig zu halten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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