Running up that Hill . . .

Dieser Beitrag handelt vom beschwerlichen Weg zur politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Gemeinde Adendorf und soll veranschaulichen, was das Ziel unserer Fraktion ist und dass der Weg dorthin nicht wie gedacht ein 1000 m-Lauf ist, sondern mindestens ein Halbmarathon.

Was wir wollen

Unser generelles Ziel ist die ernsthafte, fördernde, nachhaltige und transparente Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im politischen Kontext. Das ist nicht nur eines unserer Wahlversprechen, sondern im Übrigen auch Gesetz:

Gemeinden und Samtgemeinden sollen Kinder und Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die deren Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Hierzu sollen die Gemeinden und Samtgemeinden über die in diesem Gesetz vorgesehene Beteiligung der Einwohner:innen hinaus geeignete Verfahren entwickeln und durchführen.

(§ 36 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes)

Was nachhaltigkeit bedeutet und warum das wichtig ist

Kinder haben, wenn überhaupt, nur eine sehr grobe Ahnung davon, was Politik bedeutet, wer was macht und wofür das wichtig sein könnte. Die meisten Jugendlichen sehen sich zudem eher als unpolitisch und denken, dass Politik sie gar nicht betrifft. Es gibt kaum persönliche Berührungspunkte zwischen den erwachsenen Akteur:innen aus Politik und Verwaltung und den Kindern und Jugendlichen. Außerdem erreicht man keine Jugendlichen, nur weil man „Jugendbeteiligung“ ruft – es muss weitaus mehr passieren. Denn Jugendbeteiligung ist kein Selbstläufer und funktioniert, wie wir im Impulsvortrag von TEMP-Projekte bereits im Februar 2022 gelernt haben, nur mit einer fördernden Haltung der Erwachsenen und einer strukturierten Beteiligung. Dabei ist uns klar, dass es keinen verbindlich vorgeschriebenen Fahrplan geben kann, da z.B. die Zusammensetzung einer Gruppe, das jeweilige Interesse an Themen und das Alter der beteiligten Kinder und Jugendlichen einem stetigen Wandel unterliegen. Daher ist es wichtig, dass es eine Art Gerüst und dazu unabhängige Kümmerer gibt, die es den Kindern und Jugendlichen ermöglichen jederzeit einzusteigen, mitzumachen und ihre Interessen politisch zu vertreten. Durch positive Beteiligungserlebnisse, Transparenz und Kommunikation steigt das gegenseitige Vertrauen zwischen Jugend, Politik und Verwaltung.

Kooperationen gelingen wenn…
Alle Beteiligten die fachlichen Hintergründe zum Thema Jugendbeteiligung kennen. Multiplikator:innen begeistert sind und Begeisterung weitergeben. Beziehung und Vertrauen besteht bzw. nicht enttäuscht wird. Die Themen beworben werden und die Jugendlichen einen Mehrwert und Anerkennung erleben. Außerdem sollte das Rahmenprogramm gut sein und der Spaß nicht zu kurz kommen.

(Impulsvortrag vom 8.2.2022, TEMP-Projekte)

Was wir bisher gemacht haben

  • 22.11.2021
    Antrag der Ratsfrau Fiedler zur Beratung im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss am 6.12.2021. Die Verwaltung soll durch den Antrag beauftragt werden, für alle Ratsmitglieder einen Impulsvortrag zum Thema Jugendbeteiligung zu veranstalten. Das Ziel des Vortrags ist es, den politisch Beteiligten Beispiele für ein strukturiertes Vorgehen, unter fachkundiger Prozessbegleitung, zur Kinder- und Jugendbeteiligung aufzuzeigen.
  • 06.12.2021
    Mit einer 2/3 Mehrheit wird im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss beschlossen, den Impulsvortrag zu beauftragen.
  • 08.02.2022
    Impulsvortrag „Partizipation – Vom Kann zum Muss!“. Vortragender ist der Diplom-Sozialpädagoge/Master Sozialmanagement und zertifizierte Moderator für Beteiligungsprojekte Maik Peyko aus Neetze.
  • 11.03.2022
    Gemeinsamer Antrag von ABAE, Grünen und Linke zur Durchführung eines Jugendforums in 2022.
  • 24.03.2022
    Im öffentlichen Ausschuss für Jugend, Senioren und Soziales wird der nicht protokollierte, geänderte Beschlussvorschlag nach Zustimmung der Antragsteller:innen einstimmig beschlossen: „Der Ausschuss empfiehlt die notwendigen Haushaltsmittel für die Durchführung eines Jugendforums zur Verfügung zu stellen, um die Jugendarbeit weiter zu fördern und die Arbeit des Jugendbeauftragten zu unterstützen.“
  • 05.07.2022
    Im öffentlichen Ausschuss für Jugend, Senioren und Soziales berichtet der Jugendbeauftragte über die Planungen für das Jugendforum. Das Protokoll zu diesem Tagesordnungspunkt findet ihr hier (Ö5).
  • 17.09.2022
    Jugendforum der Gemeinde Adendorf. Einen kurzen Artikel von uns dazu findet ihr hier.

Über einen „erfolgreichen Start einer hoffentlich nachhaltigen und aktiven Partizipation von Kindern und Jugendlichen“ freute sich der Jugendbeauftragte Fabian Willner.

(Artikel Landeszeitung 27.09.2022)

„Bleiben Sie in Kontakt mit den Kids, laden Sie sie ein, wenn es um Themen geht, die sie betreffen“, appellierte Maik Peyko an die Ausschussmitglieder. Und als er die anwesenden Kinder und Jugendlichen fragte, wer sich vorstellen könne, an künftigen Projekten mitzuarbeiten, gingen alle Hände hoch.

(Artikel der Landeszeitung vom 19.10.2022)

so ging es nach dem Ausschuss im Oktober 2022 weiter

Bis auf eine von TEMP-Projekte zur Verfügung gestellte Dokumentation der Ergebnisse aus dem Jugendforum vom 17.09.2022 und das Stattfinden des Ausschusses am 13.10.2022, gab es danach für die Ratsmitglieder bis in den Februar 2023 hinein keine weiteren Informationen aus der Verwaltung. Zum Verständnis: Der Ausschuss mit den Kindern und Jugendlichen des Jugendforums war am 13.10.2022, der nächste Ausschuss dann am 09.02.2023 – also fast 5 Monate später. In diesen gesamten fünf Monaten gab es keinerlei Informationen von Verwaltung oder Bürgermeister an die Ratsmitglieder als gewählte, politische Vertreter:innen, wie es um die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen steht. In keiner öffentlichen Ratssitzung, in keinem nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss, in keiner Mail und in keinen Gesprächen. Erst mit der Einladung und der damit einhergehenden Tagesordnung für den Ausschuss Jugend, Senioren und Soziales am 09.02.2023 erfuhren die Ausschussmitglieder vom Sachstand.

Zu dem Tagesordnungspunkt Ö6 „Bericht des Jugendbeauftragten und der Verwaltung zu den Entwicklungen aus dem Jugendforum; insbesondere der Jugendbeteiligung am 18.01.2023 sowie Vorschläge zu Umsetzungsmaßnahmen“ entbrannte dann eine über einstündige Diskussion.

Die politische Mehrheit (bestehend aus ABAE, CDU/FDP und Die Grünen) hat im Ausschuss am 09.02.2023 deutlich gemacht, dass sie mit dem Vorgehen der Verwaltung nicht einverstanden ist. Warum?

  • Ohne Rückfragen und auch ohne politische Beschlüsse hat die Verwaltung im Alleingang beschlossen, TEMP-Projekte als externen Prozessbegleiter nicht weiter mit der Fortführung zu beauftragen.
  • Andere Gemeinden im Landkreis hatten zeitlich nach Adendorf ebenfalls das Jugendforum als Beteiligungsprojekt gewählt, sich politisch für eine Weiterarbeit mit externen Prozessbegleitern entschieden und die Kosten dafür teils durch Fördergelder gedeckt. Aus welchen Gründen hat sich die Adendorfer Verwaltung dagegen entschieden und meint, es selbst machen zu müssen?
  • Unserer Meinung nach ist das derzeitige Vorgehen keine ausreichende bzw. echte Beteiligung: Wir wollen, dass die Kinder und Jugendlichen dem Ausschuss selbst erzählen, was sie wollen. So wie es z.B. in anderen Gemeinden, begleitet von TEMP-Projekte, läuft. Wir wollen nicht, dass die Verwaltung uns sagt, was die Kinder gesagt haben, was sie wollen.
  • Wir wollen Transparenz. Und es ist weder für die Ratsmitglieder, noch für die Kinder und Jugendlichen ein transparentes Vorgehen, wenn Erwachsene unter sich in Ausschüssen für etwas die Hand heben, das die Verwaltung ihnen vorgegeben hat. Oder?

Am Rande sei erwähnt, dass das Protokoll leider nicht im Ansatz erahnen lässt, was die Besucher:innen im öffentlichen Ausschuss am 09.02.2023 erlebten und die nicht anwesende Presse verpasste. Es wurde sehr unsachlich, sehr laut und hitzig. Der Ausschussvorsitzende Rolf-Werner Wagner (SPD) wurde von der FDP zur Neutralität und der Bürgermeister von Ratsfrau Fiedler zu mehr Sachlichkeit ermahnt.

Schlussendlich wurde der Tagesordnungspunkt durch den Ausschussvorsitzenden ohne Beschlüsse beendet.

Was wir dann wollten

Still ruhte mal wieder der See, denn nach dem Ausschuss hörten wir länger nichts und auch wann die nächste Ausschusssitzung sein sollte, stand nicht fest. In einer Fraktionssitzung beschlossen wir dann gemeinsam mit unseren Mitgliedern, dass wir den Ausschussmitgliedern, der Verwaltung und dem Jugendbeauftragten die Gründung einer Arbeitsgruppe vorschlagen, um für die Kinder und Jugendlichen schneller mit dem Thema voranzukommen. Auf die Email von Ratsfrau Fiedler antworteten Verwaltung, Bürgermeister und SPD/Linke gar nicht. Die Grünen und die Gruppe CDU/FDP meldeten uns zurück, dass sie statt der Arbeitsgruppe lieber einen gemeinsamen Antrag mit uns stellen wollen.

Gesagt, getan. Am 4.3.2023 versendeten wir den Entwurf an alle Fraktionsvorsitzenden und den Jugendbeauftragten. Die SPD/Linke meldete erst auf Nachfrage zurück, dass sie in der Fraktion beschlossen haben, diesen Antrag nicht „mitzutragen“. Für einen Mehrheits-Beschluss war dieses für die Unterzeichnenden letztendlich irrelevant, da wie bereits erwähnt ABAE, CDU/FDP und Die Grünen zusammen mehr Ausschuss-und Ratsmitglieder stellen, als die Gruppe SPD/Linke.

Aktueller Stand

Am 13.04.2023 wurde im Ausschuss Jugend, Senioren & Soziales endlich beschlossen, die externe Prozessbegleitung zu beauftragen. Zwischen dem gemeinsamen Antrag vom 06.03.2023 und dem Beschluss am 13.04.2023 passierten noch so einige unfassbare Dinge, auf die wir erstmal nicht weiter eingehen wollen. Das Protokoll zu dem Ausschuss findet ihr demnächst hier.

Die Landeszeitung berichtete am 27.04.2023 in der Papierausgabe :

Über den „spontanen“ Änderungsantrag der Gruppe SPD/Linke, welcher sogar Ratsherrn Schellin (SPD) überraschte (weil im Grunde das Gleiche drinsteht, was alle anderen außer SPD/Linke und Verwaltung seit Monaten sagen), berichtete die Landeszeitung allerdings nicht korrekt. Denn über den Änderungsantrag der Gruppe SPD/Linke wurde gar nicht beschlossen. Da aber im Ausschuss vom 13.04.2023 keine Presse anwesend war, wurde hier scheinbar nur das abgedruckt, was der Autor aus der Verwaltung erfuhr. Ein öffentliches Protokoll ist bisher nicht verfügbar (Stand: 30.04.2023). Einstimmig beschlossen wurde nämlich über den leicht geänderten, gemeinsamen Antrag der ABAE – die mit großer Rückendeckung der politischen Mehrheit endlich neuen Schwung in die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gebracht hat.

Die Firma TEMP-Projekte wurde mittlerweile für die kommenden Monate mit der Prozessbegleitung beauftragt. Endlich geht es weiter! Wir freuen uns sehr für und mit den Kids.

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