Seit gestern Abend online und heute auch auf Papier, schreibt die Landeszeitung darüber, dass der Rat der Gemeinde Adendorf sich nach 2 Jahren endlich entschieden hat, die Bonnestraße in „Bonner Straße“ umzubenennen. Für den Artikel der Landeszeitung klickt hier (Paywall).
Zur Ratssitzung am 01.09.2022 hatten wir bereits den Antrag gestellt, den Namen „Bonner Straße“ zu beschließen und dem mehrheitlichen Willen der Anwohner:innen zu folgen. Die Beratung fand im September unter dem dem Tagesordnungspunkt Ö 8 statt und unser Antrag wurde damals durch SPD und Grüne abgelehnt. Obwohl die CDU/FDP im September 2022 teils mit uns für Bonner Straße gestimmt hatte, wurde für die Ratssitzung am 10.11.2022 zum wiederholten Male der Antrag auf Umwidmung gestellt und abgelehnt. Als die frisch mit der Linken „vermählte“ SPD auf uns zukam und fragte, ob wir gemeinsam einen Änderungsantrag stellen wollen, stimmten wir zu und ermöglichten somit nun endlich eine Entscheidung.
Redebeitrag der ABAE am 10.11.2022 zum Thema der Umbenennung
Man könnte umwidmen, man hätte auch neue Namensgeber:innen finden können. Aber der alte Rat hat vor fast 2 Jahren abgewogen und die Entscheidung getroffen, die Straße umzubenennen. Allerdings ohne einen neuen Namen zu beschließen. Den Anliegen der Anwohner:innen wurde in der Sache Gehör verschafft, sie wurden mehrfach beteiligt und haben erfolgreich einen Namensvorschlag eingebracht.
Gespräche mit Nichtbetroffenen zur Umbenennung verlaufen meist so: „Was soll das eigentlich? Was fürn Quatsch! Das interessiert doch keinen!“
Dann erläutert man und klärt auf über Dr.Georg Bonne, seine Verbrechen und welche gesellschaftliche Pflicht daraus entsteht. Wir tragen alle keine Schuld daran, welche Verbrechen die Nationalsozialisten begangen haben – aber wir haben die Pflicht weiterhin damit umzugehen!
Einerseits die Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und wie in einem solchen Fall transparent zu machen. Und andererseits Ehrungen auch abzuerkennen, von Menschen, die sich schuldig gemacht haben. Wie im Fall von Bonne, der durch Unterstützung, Bewunderung und seine eigenen Schriften die Verbrechen der Nationalsozialisten mit ermöglicht hat.
In der Regel verstehen die meisten Leute im Gespräch dann, warum die Umbenennung wichtig ist.
Eine Umwidmung ist aus unserer Sicht kein akzeptabler Weg. Denn die Motivation einer Umwidmung ist hier : die Bequemlichkeit. Aus unserer Sicht dürfen wir uns die Frage über eine Umwidmung nicht zu bequem oder zu einfach machen. Denn sie dient rein dem Zweck der Vermeidung von Aufwand und der politischen Diskussion. Nur weil andere Gemeinden sich entscheiden, dieser Verantwortung nicht nachzukommen und den bequemeren Weg einer Umwidmung wählen, heißt das nicht, dass wir das auch so machen müssen. Ferner wird es dem jüdischen Abraham Bonne nicht gerecht, ihn in diesem Kontext als Namensgeber heranzuziehen. Nämlich nicht aufgrund seiner Leistung, seines Wirkens oder seines Lebens, sondern lediglich wegen des passenden Nachnamens, um den Nationalsozialisten Bonne zu ersetzen.
Der nächste Teil des Gesprächs behandelt dann die Frage, wie die Straße zukünftig stattdessen heißen könnte. Dabei wird auf den Vorschlag „Bonner Straße“ in der Regel so reagiert :
„Was hat denn Adendorf mit einer „Bonner Straße“ zu tun? Würde es nicht viel mehr Sinn machen, die Straße nach Anne Frank als bekanntes Opfer, Georg Elser als Widerstandskämpfer oder Wolfgang Mirosch als Adendorfer Junge und Opfer der Nationalsozialisten zu benennen?“
Man hat den Anwohner:innen aus verschiedenen Richtungen früh eine Beteiligung zugesichert. Letztendlich haben sie diesen Namen mit großer Mehrheit gewählt. Und obgleich wir uns selbst etwas Besseres vorstellen können, haben wir unsere Unterstützung zugesagt und stimmen diesem Kompromiss zu. Damit macht die ABAE deutlich, dass wir bei dem auch gemeinde-übergreifenden Interesse einer Umbenennung, den Anwohner:innen nicht weiter entgegenkommen können, als ihren Vorschlag beim Straßennamen zu berücksichtigen. Die „Bonner Straße“ ist eine einfache, pragmatische Lösung.
Wendet man sich von der gesellschaftlich wichtigen, aber auch emotionalen Debatte hin zur Sache, kann man unterm Strich sagen: Es wurde ein Kompromiss gefunden, mit dem sich die Mehrheit hier vor Ort irgendwie arrangieren kann. Ein kleinster gemeinsamer Nenner sozusagen, der es uns heute Abend ermöglicht, dieses Kapitel abzuschließen und nach vorne zu schauen.
Auf der ganzen Welt erstarken rechte Bewegungen. Antisemitismus, Rassismus und Übergriffe wie in Halle oder Hanau nehmen stark zu. Deshalb liegt es an uns Allen, diesem Trend immer wieder entgegenzutreten. Das Gedenken an die Novemberprogrome 1938 erinnert uns an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Und wir dürfen niemals vergessen, wie es angefangen an.
Es ist unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung dafür zu sorgen, dass Antisemitismus, Rassismus und Faschismus hier keinen Platz haben.
Danke daher an alle Anwohner:innen der zukünftigen „Bonner Straße“, dass Sie hier ihren Teil dazu beitragen und diese Entscheidung mittragen.
Wir bedanken uns außerdem bei der Verwaltung, die über ihre Verpflichtung hinaus, den Anwohner:innen ihre Unterstützung angeboten hat.